Tageslosung

Für jeden Tag ein Wort aus dem Alten und dem Neuen Testament

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Durch die Straßen von Chania


Von der Leichtigkeit des Seins

Darf ich den geneigten Besucher mitnehmen auf einen Gang durch die Straßen von Chania?
Wenn ja, dann folgen Sie mir einfach auf diesen Zeilen und lassen Sie sich von den Fotos inspirieren.
Dieser Gang ist verbunden mit einem Gedankengang, zu dem ich mich habe anregen lassen durch das Gesehene, Erlebte und Erspürte. Abseits der touristischen Ströme und Sehenswürdigkeiten zeichnet sich in Chanias Nebenstraßen das ganz normale Leben ab. Kleine Wohneinheiten in den Gebäuden immer mit kleinen Außenflächen, kleine geparkte Wagen an den Straßenrändern, schmale Bürgersteige und hier und da ein Einzelhändler sowie immer wieder gastronomische Angebote für jedes Bedürfnis prägen das Straßenbild selbst in kleinen Seitengassen.
Beim Durchstreifen, während ich während eines Werkstatttermins ungefüllte Zeit zu verbringen hatte,
umgibt mich das Gefühl, dass die vor mir liegende Lebensart so ganz anders ist als die in einer typisch industriell geprägten deutschen Stadt wie Salzgitter-Lebenstedt. Zunächst fallen ungepflegte Details auf wie verwitterte Autolacke, schlecht oder gar nicht befestigte Bürgersteige, Mängel an Hausfassaden, eine gewisse Unordnung, die sich mit "schmuddelig" umschreiben lässt.
Und doch spüre ich in all der Unvollkommenheit eine Leichtigkeit, die sich von der strengen deutschen Korrektheit wohltuend abhebt. Immer wieder begegnen mir Motive, die von Sitzplätzen und Orten der Pause erzählen,
von Geselligkeit und Offenheit für eine jede Begegnung.
Für die einfachen Bedürfnisse finden sich Cafés und Kioske, wo es einen kleinen Snack und ein kühles Getränk für schlankes Geld gibt, freundliche Blicke und Worte inclusive.
Die großen Bedürfnisse nach dem glänzenden Lack eines Neuwagens oder der schmucken Fassade einer Eigentumswohnung ist hier die seltene Ausnahme. Ich bin, was ich habe, ist hier nicht gültig.
Vielmehr verspüre ich eine Leichtigkeit des Seins. Das Leben hier beschränkt sich auf das wirklich Nötige und Wichtige. Viel wertvoller wird hier die Zeit geachtet, die mit Geselligkeit oder auf einem Sitz der Pause draußen verbracht wird. Zeit für sich und Zeit zusammen mit dem Gegenüber wird hier geschätzt und gepflegt.
Und ich als Ausländer werde ohne reservierte Zurückhaltung mit warmer Freundlichkeit angesprochen.
Der Blick und der Gedanke gilt nicht dem, was mir fehlt, sondern der Fülle und dem Reichtum des Lebens,
wie es gerade diese warmherzige Luft atmen darf.
Diese dankbare Lebensart hat schon Paulus gepflegt, wenn er der griechischen Gemeinde in Korinth geschrieben hat:
"Gott aber kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei,
damit ihr in allen Dingen allezeit volle Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk."
(2. Korinther 9,8)
Seien wir dankbar für das, was ist, und stellen das Verlangen nach allem, was fehlt, hinten an.
Finden auch wir Zeit für uns, einen Ort zum Begegnen und einander Mitteilen.
Dann kommen wir dieser Gesinnung, dieser Leichtigkeit des Seins, sehr viel näher. Dass dies gelingt, das wünscht Ihnen und Euch von Herzen.

Martin Schulz

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